Vanessa

Eine Nacht. Nur eine Nacht hat Vanessa (Marion Mitterhammer) Zeit aus der Hölle ihres Lebens ein Märchen zu machen. Ein Fünf Minuten Märchen. Denn eine TV-Anstalt schickt extra zum 50. Geburtstag der einst gefeierten Schlagersängerin ein Filmteam auf die kleine Mittelmeer-Insel Gozo bei Malta. Dorthin hat sich Irmgard nach Abschluss ihrer Karriere als „Vanessa“ zurückgezogen. Für das Klatschmagazin „Seitenblicke“, das zur besten Sendezeit ausgestrahlt wird, will sich Vanessa so strahlend wie möglich präsentieren. Dafür muss sie ihr ganzes aktuelles Leben verleugnen. Dafür ist sie bereit, alles zu tun, wirklich alles.

Irmi Perlinger aus Kapfenberg träumte einst von einer großen Karriere als Schlagersängerin Vanessa. Leider muss sie erleben, wie es ist, wenn’s dann doch nicht reicht.“ Marion Mitterhammer

Vanessa bewohnt mit ihrem jüngeren Freund (Thomas Oláh) eine heruntergekommene Mietwohnung, in dessen Kühlschrank meist gähnende Leere herrscht. Verzweifelt bettelt Vanessa ihren österreichischen Agenten um eine Comeback-Tournee an. Denn die Vermieterin wartet schon länger auf die nächste Zahlung und Vanessas einzige Tochter hängt lieber mit einer befreun- deten Familie in Malta ab, als zu Mamas Geburtstag zu kommen und vor den TV-Kameras die liebende Tochter zu spielen. Doch Irmgard reißt sich den Arsch buchstäblich auf, um für wenige Stunden eine perfekte Illusion zu schaffen. Von dem Geld, das sie als Priesterhure in einem Beichtstuhl verdient mietet sie für drei Tage eine Villa und einen Jaguar. 

Der verflixte Vorabend ihres Geburtstags

Doch dann kommt dieser verflixte Vorabend ihres Geburtstags: Vanessa fährt mit dem Bus zu einer kleinen Bar, wo sie zum Playback ihre alten Hits singt – und einen Verehrer (Helmut Bohatsch) kennenlernt, der als Grazer Professor ihre Karriere auch wissenschaftlich verfolgt hat. Während dessen Frau (Michou Friesz) aus lauter Frust zu viel trinkt und einem anderen Mann in die Arme fällt, wird Werner, so heißt der Professor, zum nützlichen Idioten für Vanessa. Denn plötzlich steht Walter (Werner Prinz) vor ihr, Anwalt im Auftrag ihres Ex-Mannes Gerard, der das Sorgerecht für die Tochter für sich allein will. Einmalig hunderttausend Euro und Erpresser-Fotos vom Sex mit dem Priester sollen ihr die Zustimmung erleichtern. 

Doch Vanessa wehrt sich. Gebeutelt von Schmerzen und der Abwesenheit aller ihr wichtigen Menschen rafft sie sich zu einem letzten großen Coup auf. Als sie zusammen mit Werner frühmorgens von zwei drogensüchtigen Kleinkriminellen (Joe Azzopardi und Matthew Maggi) mit einer Pistole überfallen wird, scheinen endgültig Vanessas Träume vom perfekten Geburtstag zu platzen. Doch Werner, Walter und die jungen Ganoven haben die List der verzweifelt um ihre Würde kämpfenden Frau unterschätzt. Plötzlich fällt ein Schuss. Und auch die Tochter meldet sich doch noch einmal…

Marion Mitterhammers Regiedebüt

Roadmovie, Krimi, Psychodrama, Milieustudie und Liebeserklärung an eine Insel – „Vanessa“ ist all das und doch wäre das alles nichts wenn Marion Mitterhammer, die zusammen mit ihrem Mann Hans-Günther Bücking auch Regie führte, nicht ein unglaubliches Feuerwerk ihrer Schaupielkunst abbrennen würde: Von leise und ausgeliefert bis laut und bedrohlich von unscheinbar bis zum Vamp.

„Selten zuvor stellte eine Schauspielerin so virtuos und nuancenreich ihre Kunst in den Dienst eines fantastisch fotografierten Films vor archaischer Landschaft. ,Vanessa‘ muss keinen Vergleich scheuen mit berühmten US-Roadmovies. Und Marion Mitterhammer nicht den Vergleich mit starken Hollywood-Frauen von Geena Davis und Meryl Streep bis Jodie Foster“, befand denn auch der französische Filmkritiker Michel Legrand, der den Film vorab sehen konnte. Und das Wiener Magazin „look!“ schrieb: „In ,Vanessa‘ brilliert Marion Mitterhammer nicht nur als Hauptdarstellerin, sondern erstmals auch als Regisseurin.“

Dass sie in ihrem Mann Hans-Günter Bücking einen mehrfach preisgekrönten Kameramann und Regisseur an ihrer Seite wusste, half Marion Mitterhammer bei ihrem Erstling, gleich ein durchkomponiertes Meisterwerk abzuliefern. So ganz nebenbei offenbart sie noch ihr Talent als Sängerin. Die von Günter Illi komponierten Schlager wollte der ORF nach Abschluss der Dreharbeiten in seine Playlists aufnehmen.

„Vanessa“ wurde gleich in mehreren Kategorien auf dem Mailänder Film Festival 2015 nominiert.